Die Wirkung von IR-Wärmestrahlung messen wir undifferenziert mit dem Thermometer. Für poikilotherme Tiere ist die Wirkung differenzierter, zusammengefasst:
·
IR-C
(2500 -6000 nm) hat wenig Energie, dringt nicht ins Gewebe ein, wirkt
nur durch Konvektion.
·
IR-B
(1400 -2500 nm) ist 20 Mal energiereicher, dringt 1 mm tief ein und
erreicht die Wärmerezeptoren in der Haut. Diese Rezeptoren steuern die zentrale
Thermoregulation.
·
IR-A (800 – 1400 nm) 400 Mal energiereicher,
dringt bis 7 mm ein, erregt dabei auch die Wärmerezeptoren in der Haut und
erwärmt von innen durch Energieabgabe an die Kapillarnetze, die entscheidend an
der Thermoregulation beteiligt sind.
Täglich müssen die heliophilen Arten die morgendliche
Sonnenwärme nutzen, um möglichst rasch in ihre bevorzugte Aktivitätszone zu
kommen. Und dabei eine überschiessende Wärmeaufnahme sicher vermeiden, denn die
letale Zone beginnt nur einstellig höher. KRUEGER hat schon 1929 auf die Bedeutung der Infrarotstrahlung
hingewiesen, blieb aber weitgehend unbeachtet. SINERVO hat gezeigt, dass der
bisherige Klimawandel mit Temperaturerhöhungen und der Ausdehnung der erzwungenen
mitttäglichen Ruhezeiten bereits zur Abnahme der Artenvielfalt geführt hat.
Schon vor Jahren hatte ich mit einem Dummy im Terrarium die
Wirkung des dort vorherrschenden IR-B untersucht und gefunden, dass die
Kerntemperatur verlangsamt ansteigt - nur durch Konvektion. Dadurch wird die
Thermoregulation empfindlich gestört.
Sie brechen das Sonnen ab, wenn Wind aufkommt und ziehen
sich in den Schatten der Trompetenranke zurück. Das geschieht jedoch erst,
nachdem sie bereits aufgewärmt sind. Morgens, beim Beginn des Sonnens, stört
sie ein gleich starker (schwacher) Wind nicht. Erst wenn die Färbung von
dunkel- auf hellbraun gewechselt hat und sie zunehmend aktiv werden, treteln
oder den Nachbarn drohen, und nicht mehr flach auf den Steinplatten liegen,
sondern den Kopf erhoben halten, reagieren sie auf Wind. Ich
konnte mir dieses Verhalten nicht erklären, vermutete aber
einen Zusammenhang mit ihrer
Thermoregulation. Wiederum mit einem Dummy wollte ich versuchen, das zu
verstehen.
Das Dummy besteht aus einem dünnwandigen PET-Röhrchen von 15
mm Durchmesser. Es ist mit einem wässerigen Gel gefüllt. Zwei
Mikrotemperatursensoren messen die „Haut-“
resp. die „Kerntemperatur“; der eine ist aussen aufgekittet, der andere ist in der Mitte des
Röhrchens im Gel fixiert (Abb.2).
Das Dummy wurde auf den Steinplatten bei den Eidechsen
aufgestellt und die beiden Werte in 5 min Abständen notiert. Das Diagramm zeigt
ein eng paralleles Ansteigen der Temperaturen, mit gelegentlichen Überschneidungen
durch Windeinwirkung (Abb.3).
Die Eidechsen sonnen, bis die Kerntemperatur 31°C erreicht
hat, dann weichen sie in den Schatten aus. Wenn jedoch bei 28/29 ° Wind
aufkommt, brechen sie das Sonnen ab und gehen in den Schatten. Ich
interpretiere dieses Verhalten als Versuch, eine Erwärmung über 31°C zu
vermeiden. Sie könnte eintreten, wenn durch den Wind eine Abkühlung der Haut
und damit der Wärmerezeptoren entsteht und eine Falschmeldung zum Gehirn
gelangte. 31° sind offensichtlich bei dieser Spezies die bevorzugte
Aktivitätstemperatur. Andererseits sehe ich sie noch bei 34° aktiv, allerdings
nur im Schatten.
Das Diagramm in Abb. 4 zeigt die Temperaturabhängigkeit
eines Enzyms. Bei einer Temperaturdifferenz von 1 °C tritt eine Änderung
der Aktivität um 7% ein; der Stoffwechsel ist also sehr sensibel. Für die
Eidechsen geht es ums Konstanthalten der
Temperatur um 1 bis 2° in der bevorzugten Temperaturzone . Das überrascht bei
einem täglichen Temperaturgang zwischen der Nacht mit ca. 18° und dem
Tagesoptimum von 31°. Bei einer Ueberschreitung dieser Temperatur steigt der
Stoffwechsel weiter steil an. Das wird versucht zu vermeiden, es ist aber
erträglich. Es erinnert mich an unsere eigene Situation: 2° über dem Optimum
sind 39,5 ° Temperatur (Fieber); der Stoffwechsel ist stark erhöht. In unserem
Falle ist das nicht eine Folge der Sonneneinstrahlung, sondern eines
pathologischen (Bakterien, Viren) oder chemischen (Pyrogene Substanz)
Prozesses.
Das war zu erwarten beim Fehlen von IR-A; die Erwärmung des
Kerns geschieht durch Konvektion, nicht durch IR- Strahlung. Der Effekt wird
noch erhöht durch das Rückstrahlen niedrigerwelligeren IRs von den Glaswänden.
Im Sonnenlicht ist das Verhältnis IR-A zu IR-B wie 3 zu 1.
Im Spektrum eines Glühlampenspots 1 zu 5 und selbst ein CDM Spot hat nur 1 zu1.
Das muss auf die Thermoregulation von
Poikilothermen erhebliche Auswirkungen
haben und erklärt möglicherweise teilweise die Erfahrung, dass eine Haltung von
Heliophilen im Sonnenlicht, besonders in Terrarien, die grossflächig
gazebedeckt sind und damit Albedo ermöglichen, ausserordentlich erfolgreich
ist.
Wenn im Terrarium ein sonnenähnliches IR-Spektrum entstehen
soll, muss aus dem Licht eines CDM Spots durch ein IR-Sperrfilter das IR-B zu mindestens
zwei Drittel entfernt werden, um sowohl den zu hohen Anteil von IR-B des Spots
als auch die Rückstrahlung zu kompensieren.
Als experimentelle Filter erfüllen Wasserfilter die
Anforderungen; sie sind einfach herzustellen und kostengünstig im Vergleich zu durch
spezielle Bedampfung angepassten IR-Sperrfiltern. Je breiter der Abstand zwischen
den Glasscheiben, desto mehr vom langwelligen IR wird absorbiert. Ein
kontinuierlicher Wasserdurchfluss führt die Wärme ab (Abb.6).
Ich bin dabei, ein solches Filter auszuprobieren und erwarte
eine Steigerung der Vitalität bei heliophilen Echsen (speziell Chamäleons) im
Innenterrarium durch Aktivierung der physiologischen Thermoregulation.
Paul Krüger , Ueber
die Bedeutung der ultraroten Strahlen für den Wärmehaushalt der Poikilothermen,
Biologisches Zentralblatt , 49. Band, 1929, S. 65 - 89
Barry Sinervo et al, Erosion
of Lizard Diversity
by Climate Change and Altered Thermal
Niches, Science, Vol 328, 2010, pp.
894-899