Dienstag, 24. Februar 2009

Was guckst du?

















Pärchen blaue D.histrionicus

Zum Nährwert von Futterinsekten

Wiesenplankton ist unbestritten das optimale Futter für Frösche und kleine Echsen. Die Beschaffung ist nicht einfach und bestenfalls für 100 Tage pro Jahr zwischen Mitte Mai und August möglich. Deshalb habe ich eine Analyse der Inhaltsstoffe unternommen mit dem Ziel, die gezüchteten Futterinsekten an diese Werte heranzubringen. Die bisherigen Ergebnisse stelle ich in diesen Post.

Tabelle 1: Der Gehalt an Salzen und Spurenelementen in Wiesenplankton, verglichen mit Drosophila hydei und Gelegen von Oophaga lehmanni (es wurden 180 Eier lyophilisiert und in die Analyse eingebracht).Der Fettgehalt bei Wiesenplankton (WP) ist etwa halb so hoch wie bei Drosophila hydei (Dh). In der C4-C24 Analyse (Tabelle 2) zeigt sich, dass bei Myristinsäure (C14) der Gehalt in Dh 10 Mal höher als in WP liegt. Bei Oelsäure (C18, ungesättigt) ist der Unterschied nicht gross, bei Linolensäure (C18, dreifach ungesättigt, omega 3) ist der Gehalt im WP nahezu das 10-Fache von Dh.

Tabelle 2: Ergebnisse (auszugsweise) einer C4-C24 Fettanalyse für Wiesenplankton und Drosophila hydei. Die Werte sind in g/100g Nassprobe angegeben(%).

 Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Dh auf einem sehr ausgewogenen, vitaminreichen und mit ungesättigten Fetten angereicherten Instant gezüchtet wurden. Bei den entsprechenden Werten für Acheta (hier wegen der Übersichtlichkeit nicht aufgelistet), zeigt sich, dass der Fettgehalt mit 8,2 g/100g fast 3 Mal höher liegt als bei WP, bei ungeeigneter Ernährung der Heimchen jedoch auf 10.6 g/100g Nassprobe (entspricht 356 g/kg TM bei 70% Wassergehalt (1)) ansteigen kann. Es kommt also entscheidend auf das Zuchtsubstrat an. Dh aus anderen Zuchten habe ich nicht analysiert; die Feststellung ungünstiger Werte bliebe nutzlos.

Die Analyse von Lehmanni-Gelegen zeigt einen sehr niedrigen Fettgehalt, hohe Werte für Brom, Arsen, Wismut, Gallium und besonders Bor. Insgesamt legen die Werte für die Entwicklung des künstlichen Quappenfutters einen niedrigen Fettgehalt und hohe Werte für Bor, Selen, Silizium und Zink nahe.

Das Ca/PO4 Verhältnis liegt bei WP bei 0,48 (Ca(WP)1720/PO4(WP)3610 = 0,476), bei Dh beträgt es 0,13. Es besteht somit beim "gut loading" ein Korrekturbedarf. Die Fett- und Ca/PO4-Werte kann man selbst leicht mit anderen Zahlenangaben vergleichen.

Die Grundmischung des Drosophila Instant ist in Tabelle 3 zusammengestellt. Wichtig sind der hohe Vitaminisierungsgrad und der Gehalt an Linol- und Polyensäuren (MUFs). Das neue Drosophila Instant hat einige Zusätze, die Grundmischung ist unverändert.
Tabelle 3: Zusammensetzung der Grundmischung für Drosphila InstantFür das "gut loading" der nährstoffarmen und nur mit einer Fettreserve schlüpfenden Drosophila ist also neben Zucker und Aminosäuren eine Verbesserung des Ca/PO4 Verhältnisses, eine Anhebung des Vitamin D (WP hat 1800 IE/kg TM Vitamin D!), des Folsäuregehalts und der ungesättigten Fettsäuren erforderlich. Orangensaft mit Sanostol ist da mehr eine Alibiübung.

1: Hatt J-M, Hung E. and Wanner M, The influence of diet on the body composition of the house cricket (Acheta domesticus) and consequences for their use in zoo animal nutrition. Zool. Garten N.F 73, 238-244, 2003.

Montag, 23. Februar 2009

Moloch horridus

Moloch horridus; eine Art, die als nicht haltbar gilt, frisst der Moloch doch täglich 1500 Ameisen und dazu noch eine Art, die wir hier nicht beschaffen können Iridomyrmex sp.; anderes Futter verweigert er.

Bild 1: Moloch horridus im Freiland. Charakteristisch die ausgeprägten Stacheln, die schwefelgrünen Schuppenpartien, der pralle Buckel im Nacken und der senkrecht hochgestellte Schwanz.

Beim Beobachten dieses nicht haltbaren Tieres ist nicht zu übersehen, dass der Moloch auf Bewegungen im Umfeld und auf Geräusche erstarrt und dass er, wenn Futterinsekten ihn bekrabbeln, stundenlang mit geschlossenen Augen reglos verharrt. Moloch sind extrem stressempfindlich.

Es muss also vermieden werden, dass der Moloch in eine Stresssituation kommt. Da war es naheliegend, die Behälter mit Sichtblenden zu versehen und jedes Geräusch und jede Erschütterung im Raum zu vermeiden. Die Insekten kann man durch eine feuchte Spur im Sand davon abbringen, den Moloch zu bekrabbeln. Eine derartige "Ameisenstrasse" in einem unten mit Packpapier beklebten Terrarium an einem ruhigen Ort waren die entscheidenden Faktoren, die eine Eingewöhnung möglich machten. Danach frisst der Moloch problemlos kleine Grillen und Drosophila hydei. Den Nachwuchs (Bild 2) habe ich damit aufgezogen und es hat keine Anzeichen von Problemen gegeben.

Bild 2: Molochg horridus Jungtiere.



















Ein weiterer Punkt ist das regelmässige Tränken. Selbst frisch gefangene Moloch trinken ausgiebig, wenn man ihnen Wasser in den Nacken tropft und ich habe die Moloch auch später regelmässig (mindestens einmal pro Woche) getränkt. Dieses Vorgehen hatte sich bei Phrynosomen bewährt und in beiden Fällen ist das Argument "kommt aus einem Trockengebiet - braucht kein Wasser" naheliegend aber offensichtlich falsch. Moloch haben einen hohen Wasserbedarf und, möglicherweise deshalb, eine einzigartige Anpassung zur Aufnahme von Wasser. In der Haut sind kapillarfeine Rinnen, die Wasser entgegen der Schwerkraft zum Maulwinkel wandern lassen. Im Outback ist es ein gängiger Spass, einen aufgelesenen Moloch in einen Aschenbecher mit etwas Wasser zu setzen und zuzusehen, wie das Wasser den Moloch hoch wandert und er schliesslich zu trinken beginnt.

Diese eigenartige Echse hat eine Reihe sehr bemerkenswerter Anpassungen an die extremen Lebensbedingungen entwickelt und ich finde es sinnvoll, diese biologischen Besonderheiten in der Terrarienhaltung zu untersuchen. Wenn die "Langsterbigkeit" sogenannter dankbarer Arten den Massstab für deren Haltbarkeit abgibt, wird sich unser Verständnis für die Erfordernisse der gehaltenen Tiere kaum verbessern. Die ständig wiederholte Forderung nach artgerechter Haltung ist logisch falsch; bei unserem bescheidenen Kenntnisstand kann nur die Vermeidung einer nicht artgerechten Haltung das Ziel sein. Eine Haltung und Beobachtung von Moloch im Terrarium kann mehr Erkenntnisgewinn bringen als eine Untersuchung des Wasser- und Energiehaushalts mittels Injektion radioaktiv markierter Substanzen und regelmässiger Blutentnahme durch Punktierung des Augensinus im Freiland(1).

Nach der Eingewöhnung verhielten sich die Moloch ähnlich wie Phrynosomen. Allerdings fielen mir drei Verhaltensbesonderheiten auf:

a) Ich habe in mehreren Jahren nie einen Moloch sich eingraben sehen; sie liegen nachts neben einem Grasbüschel oder Rindenstück auf dem Sand.

b) Ich habe nie einen Moloch an Gegenständen oder Steinen am Boden lecken sehen, sondern immer nur an Gegenständen (meist Grashalmen), die etwas über Kopfhöhe in ihren Weg ragen (Bild 3).


Bild 3: Moloch leckt an Grashalm, der in seinen Weg ragt.

c) Der Moloch vollführt eine eigenartige Bewegung, die ich Buckeln genannt habe (Bild 4). Dabei knickt er den Kopf steil abwärts zwischen die Vorderbeine, sodass der "hump", dieser seltsame Buckel, fast die Position des Kopfes einnimmt. Die Augen wölben sich unter den geschlossenen Lidern deutlich vor und der Moloch versucht, die Abknickung noch zu verstärken, indem er die Vorderfüsse zurückzieht (in Bild 5 sieht man die Krallenspuren dieser Bewegung). In dieser Haltung verbleibt er durchschnittlich 20 Sekunden. Danach schluckt er und setzt sein normales Verhalten fort. Diese auffällige Bewegung tritt am Vormittag zwischen 10 und 11 Uhr und gelegentlich am Nachmittag zwischen 3 und 4 Uhr auf.

Bild 4: Moloch beim Buckeln

Bild 5: Durch das Zurückziehen der Vorderfüsse während des Buckelns wird das Abknicken des Kopfes noch verstärkt. Deutlich sichtbar die dabei entstandenen Kratzspuren.












Zu a) Eine Arbeit(2) zieht das Sammeln von morgendlichem Tau an den zahlreichen Stacheln in Erwägung. Dazu würde dieses Nichteingraben genau passen. Denn sicher wäre Eingraben während der Nacht in Bezug auf die nächtliche Abkühlung sowie die Sicherheit vor Feinden naheliegend.

Zu b) Das Belecken dient bei Echsen der Aufnahme von Duftstoffen, auch arteigenen Duftmarken. Sicher ist das im Outback schwierig, denn man kann täglich beobachten, wie nach dem Abtrocknen des Morgentaus der Sand durch bereits einen leichten Windzug in langen Fahnen zu verwehen beginnt. Duftspuren am Boden dürften daher schwer auffindbar sein. Wenn jedoch dieser seltsam aufrecht gehaltene Schwanz zur Markierung dienen sollte, so könnte das eine sehr nützliche Anpassung der Art zum Zusammenfinden der Partner in den sehr dünn besiedelten Biotopen des Outback sein. Zum Balancieren jedenfalls ist der senkrecht aufrecht gehaltene Schwanz unnütz. Davon kann man sich leicht bei den tapsigen Schritten des Moloch überzeugen. Als optisches Erkennungszeichen könnte der senkrecht gehaltene Schwanz allenfalls dienen (vergleiche Bild 1). Jedenfalls fand ich die Tiere dadurch, sonst wären sie kaum zu erkennen.

Ich habe zunächst in histologischen Schnitten der Schwanzbeuge nach Drüsen gesucht, die für ein Markieren dienen könnten. In einer zweiten Histologie habe ich in der Schwanzspitze gesucht. Beide Male ohne Erfolg. In einem dritten Anlauf habe ich im rostralen Schwanzabschnitt eigenartige knorpelige Ductus gefunden, jedoch noch keine apokrinen Drüsen. Für weitere Schnitte fehlt mir das Material.

Zu c): Die histologische Untersuchung des "hump" genannten Nackenbuckels ergibt an der Basis eine auffällige Gefässhäufung und einen Plexus aus sehr dünnwandigen Gefässen (Bild 6).

Bild 6: Querschnitt durch die Basis des "hump" genannten Buckels. A, Arterie; V, Vene; P, Plexus.

Der Nachweis endothelialer Lücken konnte mit einer so einfachen Histologie nicht gelingen. Insgesamt gehe ich aber davon aus, dass der Moloch durch das Abknicken des Halses den venösen Abfluss behindert oder unterbricht. Durch die dadurch bewirkte Drucksteigerung werden nicht nur die Augenbulbi deutlich vorgepresst, sondern auch in den Gefässplexi an der Basis des hump wird Blutflüssigkeit ausgepresst. Ich nehme daher an, dass der hump ein Wasserreservoir darstellt, das Stoffwechselwasser zwischenspeichern kann. Das kann als eine weitere Anpassung an die extreme Wasserknappheit des Lebensraumes von Moloch horridus angesehen werden.

1: Withers P.C. and Bradshaw S.D., Water and energy balance of the thorny devil Moloch horridus: is the devil a sloth? Amphibia-Reptilia 16, 47-54, 1995.

2: Gans C, Merlin R. and Blumer W.F.C-, The water-collecting mechanism of Moloch horridus re-examined. Amphibia-Reptilia 3, 57-64, 1982.