Sonntag, 10. März 2013

Unerwartetes bei Treiberameisen (Dorylus molestus)



Treiberameisen gelten als „nature`s primordial exterminators“, sie  zerlegen mit ihren scharfen Mandibeln sogar Wirbeltiere, „prey animals not commonly attacked by New World species “ (1). Von einem gekäfigten  Krokodil und Schlangen, die bis aufs Skelett von „Siafu“- so der Lokalname in Kenia, abgenagt wurden, wird berichtet. In der afrikanischen Folklore  wird sogar von angebundenen Haustieren berichtet, von denen am Tag danach nur noch Knochen und der Schädel am Strick übrig war. 
                                                                                                                                                                                                  
Ich hatte Gelegenheit, eine kleine Kolonie von einigen Tausend Dorylus molestus mit der Königin in einem Formicarium zu beobachten. Es stellte sich heraus, dass die Dorylus unfähig sind, mehr zu erbeuten als kleine Invertebraten. Bereits ein Heimchen überfordert sie: sobald das Heimchen von einer Ameise angegriffen wird und springt, verlieren die blinden Ameisen die Orientierung. Aufgeregt suchen sie die Umgebung ab. Angebotenes Muskelfleisch vom Rind, Huhn oder Fisch ist schnell von Ameisen bedeckt, aber nie konnte ich beobachten, dass sie auch nur winzige Stücke abschnitten und wegschafften. Wenn sie in Millionen über eine immobilisierte Beute herfallen, kann wohl  schon der Eindruck entstehen, sie würden das Opfer zerfleischen. In Wirklichkeit nehmen sie nur verflüssigte Nahrung auf. Genauso verfahren sie mit grösseren Insekten, die für sie nicht mehr transportfähig sind, Wachsmadenraupen zum Beispiel. Wenn der Transportversuch gescheitert ist, versammeln sich viele auf der durch zahllose Bisse getöteten Raupe und beginnen den verflüssigten Inhalt aufzulecken. Bei  Eciton burchelli , Treiberameisen in Mittel- und Südamerika, konnte ich beobachten, wie sie auch grössere Insekten wie Heuschrecken oder Skorpione , überfielen, durch zahlreiche Stiche töteten und danach in transportfähige Stücke zerlegten und ins  Biwak transportierten . Die Dorylus  erscheinen dagegen geradezu harmlos.                                                                                                                               
Die Kolonie Dorylus wurde ausgegraben und nicht beim Umzug  eingefangen. Die Königin machte keinen vitalen Eindruck und ging nach wenigen Tagen ein. Sie ist mit 40 mm riesig. Ich vermute, dass es nötig wäre, die Königin in der Migrationsphase zu entnehmen. Die Umzüge der Kolonie wiederholen sich nach 3 bis 45 Tagen (2).Es ist also sehr schwierig, den Zeitpunkt der nächtlichen Wanderung zu treffen und im Millionenzug die Königin ausfindig zu machen.   

  
Bild 1: Ein Soldat versucht sich an einer Pinzette.


 Bild 2: Königin mit Arbeiterinnen.


Bild 3: Königin im Ytong-Nest.


 Bild 4: Dorylus erbeuten Wachsmaden.



































Bild 5: Grössenvergleich: Arbeiterin, Soldat, Königin.    

                            
Immerhin war auch das Ausgraben aufschlussreich. Die Afrikaner lehnten Gummistiefel, die mit Vaseline bestrichen waren, grinsend ab und gruben mit Flipflops an den Füssen. Die beissenden Dorylus konnten ihnen nichts anhaben. Nur wenn es Soldaten mit ihren kräftigen Mandibeln im Hosenbein nach oben schafften, sprang einer unter dem Gelächter der Übrigen aus der Grube. Weisse Haut hält den Bissen nicht stand, jeder Biss blutet.       
                                                                                    
Eine Wurmschlange (Typhlops) wurde stolz als Königin präsentiert und es war  schwierig, die Ausgräber zu überzeugen,  weiter zu graben.  In Kenia glaubt man fest daran, dass die in den Kolonien gefundenen Typhlops die Königinnen der Dorylus  sind.       
                                                        
Dorylus wären wohl  in Formicarien  haltbar, wenn es gelänge, sie mit einer überlebensfähigen Königin zu beschaffen und es sind vermutlich noch viele Beobachtungen zu machen, die nur so möglich sind und von dem „Mantra“ über  army  ants  abweichen.

1         Schneirla, T.C. 1971  Army Ants . A Study in Social Organization. W.H. Freeman and Company, San Francisco.
2         Gotwald, W.H., Jr.,and G.R. Cunningham –van-Someren. 1990. A year in the life of an Old World army ant colony: spatial patterns in foraging and emigration. Pages 714-715 in G.K. Veeresh, B. Mallik, and C.A.Viraktamath, eds, Social  Insects and the Environment: Proceedings of the Eleventh International  Congress of the International Union for the the Study of Social Insects, Oxford and IBH Publishing Co., New Dehli.